...Fortsetzung
Prozessbegleitung
Von der Vergangenheit in die Gegenwart
Wenn wir nachhaltige Veränderungen bewirken wollen, ist es hilfreich, unsere Denk- und Verhaltensmuster aus der Vergangenheit zu erkennen und wenn nötig fallen zu lassen. Wir versuchen uns in der Gegenwart kraftvoll mit unserer inneren Stimme, mit unserem Instinkt und unseren Qualitäten zu verbinden und finden so zu neuen Wegen und Lösungen.
Unser Körper kennt den Weg
Dazu brauchen wir ein waches Körperbewusstsein, weil Veränderung im Aussen zuerst einmal die Verwandlung unserer Wahrnehmung und unserer Körperempfindung ist. Unsere innere Wahrnehmung entscheidet darüber, wie wir die Welt und unsere Mitmenschen wahrnehmen und wie wir in Beziehung treten. Verändert sich die innere Wahrnehmung, verändert sich ‹unsere› Welt! Veränderung manifestiert sich durch Beobachtung und Wahrnehmung – Beobachtung und Wahrnehmung manifestieren Veränderung.
Die innere Wahrnehmung ist unsere direkte Verbindung mit dem Moment, mit der Lebenssituation und ermöglicht uns, jenseits von Vergangenheit und Konditionierungen neue Perspektiven zu finden. Wir suchen Veränderung nicht mehr im Aussen, sondern lassen sie aus uns heraus in jedem Moment spontan neu entstehen – und erfahren dabei, dass unser Innerstes untrennbar mit aussen verbunden ist.
Geschützter Raum für neue Erfahrungen
Die Prozessbegleitung ist ein sicherer und geschützter Raum, in dem wir gemeinsam beobachten und staunen können, was sich gerade zeigen will. Mit etwas Übung erfahren wir bald, dass es weniger darauf ankommt, WAS sich zeigt, sondern WIE wir es wahrnehmen und wie wir dazu in Beziehung treten. Dieses wache in Beziehung-Sein ist Bewusst-Sein im Jetzt und gestaltet unsere Wirklichkeit von Moment zu Moment neu!
Uns selbst liebevoll in den Arm nehmen
Dabei ist uns eine gesunde Portion Humor sehr wichtig, weil wir glauben, dass es heilsam ist, liebevoll über uns selber lachen zu lernen, wenn wir uns gerade wieder in einer altbekannten Gedankenschlaufe erwischt haben: Wir nehmen unsere eigene Natur liebend an und verändern uns ständig weiter, von Augenblick zu Augenblick. Mit Geduld, Liebe und wacher Neugier darauf, was uns das Leben wohl als Nächstes schenken wird: Das ist die Abschaffung von Unzufriedenheit und Langeweile, die Quelle von Lebenskraft, Lebensfreude, Verbundensein und lebendigen Beziehungen!
Kombination von Bewusstseins- und Körperarbeit
In der Prozessbegleitung kombinieren wir bei Bedarf Bewusstseins- und Körperarbeit. Es ist äusserst hilfreich, im geschützten Rahmen zu beobachten und zu fühlen, was sich gerade in unserem Körperempfinden verändert und was daraus entsteht. Wir nutzen das Wissen jeder Zelle unseres Körpers, um Gefühlszustände unmittelbar zu beobachten und zu erfahren. Jede bewusste Wahrnehmung oder achtsame Berührung hat die Kraft, uns mit unserem Urzustand von Unversehrtheit, Ganzheit, Verbundensein und Liebe zu verbinden. Ängste sitzen als blockierte Energie, oft mit Schmerzen verbunden, in unserem Körper und können durch Beobachtung oder Berührung in Bewegung gebracht und aufgelöst werden. Und wie wir aus der Neurobiologie wissen: Unser Körper hat längst ‹vorgedacht›, was unser Gehirn als Beschreibung der inneren Vorgänge als Gedanken nachliefert...
Durch Beobachtung in die Stille zu unseren Qualitäten
Wir lernen gemeinsam, unser Denken zu beobachten, um blockierende Konditionierungen und die Gefühle dahinter zu erkennen. Wir erfahren, wie sich unsere Gedanken und Gefühle im Körper und auf unser Wohlbefinden auswirken. Durch genaue und wertfreie Beobachtung unserer Gedanken ohne reagierendes Handeln entdecken wir hinter jedem Widerstand und hinter jeder Angst die Trauer über eine unserer nicht gelebten Qualitäten. Die Trauer führt uns in die Stille, aus der sich Liebe ohne weitere Anstrengung frei entfaltet: Liebe ist unser natürlicher Zustand! Wir suchen Wege, uns mit unseren Qualitäten zu verbinden und sie in unser Leben einzubringen.
Alles ist schon da – Opferrolle ade!
Dabei machen wir früher oder später die befreiende Entdeckung, dass alles, was wir brauchen, schon vollkommen in uns vorhanden ist! Es gibt nichts im Aussen zu suchen oder zu bekämpfen, wir sind seit Anbeginn vollkommene Wesen. Und wir alle wissen das, sonst könnten wir nicht diese unstillbare Sehnsucht danach haben! Zu dieser Vollkommenheit gehören auch unsere sogenannten Schwächen, und nichts ist falsch daran, solange wir nicht in die Opferrolle steigen und jemanden oder etwas ausserhalb von uns dafür verantwortlich machen. Die Opferrolle ist in unserer Erbsünden-belasteten Kultur ein Hauptgrund für unsere leidvolle Trennung von der Wirklichkeit und ein grosses Hindernis zur Erfahrung von Ganzheit und Verbundensein.
Die Verantwortung für unser Leben übernehmen
Sind wir bereit, zu sehen, dass wir unser eigenes Leiden fortwährend in Endlosschlaufen unseres Denken wiederholen und ständig ‹neu› produzieren? Sind wir bereit aufzuhören, die Verantwortung dafür unserer Vergangenheit, unseren Eltern, anderen Menschen und irgendwelchen Lebensumständen zuzuschieben und nach aussen zu projizieren? Sind wir bereit, die Verantwortung für unser Leiden selber zu übernehmen? Sind wir bereit, unser Leben in unsere eigenen Hände zu nehmen?
Beherztes Handeln aus der Stille lernen
Wir lernen schliesslich, Handeln im Alltag mehr und mehr beobachtend aus der Stille des Moments entstehen zu lassen, unser Herz beginnt immer häufiger mitzudenken und mitzuhandeln. Wir suchen unsere Freiheit und Entfaltung zunehmend im Raum der Stille zwischen den Formen, im Gespräch genauso wie in der Körperarbeit, Beobachtung oder Atemübung, weil uns die Fixierung auf die bekannten Formen daran hindert, bisher unbekannte Möglichkeiten im Raum dazwischen wahrzunehmen und zu leben.
Das menschliche Dasein ist ein Gasthaus.
Jeden Morgen ein neuer Gast.
Freude, Kummer und Niedertracht –
auch ein kurzer Moment der Achtsamkeit
kommt als unverhoffter Besucher.
Begrüsse und bewirte sie alle!
Selbst wenn es eine Schar von Sorgen ist,
die gewaltsam alle Möbel aus dem Haus fegt –
erweise dennoch jedem Gast die Ehre.
Vielleicht bereitet er dich vor auf ganz neue Freuden.
Dem dunklen Gedanken, der Scham, der Bosheit –
begegne ihnen lachend an der Tür und lade sie zu dir ein.
Sei dankbar für jeden, der da kommt,
denn alle sind dir zur Führung geschickt worden
aus einer anderen Welt.
Rumi
Aktualisiert : 16.07.2022 23:00